Klaus Rainer Goll

Goll, Klaus Rainer.

Lübecker Literat und Literaturvermittler

Geboren in Lübeck am 2. Juli 1945

Der Lyriker, Schriftsteller und Zeichner Klaus Rainer Goll wurde am 2. Juli 1945 in Lübeck geboren. Nach seinem Abitur, das er 1965 absolvierte, war er zwei Jahre im Bundeswehr-Ersatzdienst tätig. Von 1967–1970 studierte er an der Pädagogischen Hochschule in Kiel und arbeitete anschließend 4 Jahre als Grund- und Hauptschullehrer in Lübeck. 1974 begann er sein Studium zum Realschullehrer. Mit großer Leidenschaft für diesen Beruf arbeitete er von 1975 – 2008 an der Holstentor-Realschule in Lübeck. Er lebt seit vielen Jahrzehnten in Groß Sarau am Ratzeburger See.

Zur Literatur kam er durch seine Zuneigung zu Thomas Mann. Im Alter von 25 hatte er seine Examensarbeit über Thomas Manns Werk Doktor Faustus beendet. Dieser hatte im selben Alter bereits die Buddenbrooks geschrieben, weshalb sich Goll bedrückt fühlte.

In dieser Situation beschloss er, einen Brief an die verehrte, bereits hochbetagte Katia Mann, die Witwe Thomas Manns, zu schreiben. Die Antwort ließ etwas auf sich warten, war dann aber sehr freundlich. Daraus entwickelte sich ein zehn Jahre, bis zu Katia Manns Tod anhaltender Briefwechsel.

Hannes Hansen: Zwischen Scheu und Verehrung: Briefe an Katia. Kieler Nachrichten vom 20.02.2014.

Er sendete Katia Mann jedoch nicht nur seine Gedichte, sondern widmete ihr auch seinen ersten Lyrikband Windstunden (1973), was sie sehr erfreute. Seitdem veröffentlichte er überwiegend Kurzprosa und Gedichte, für die er mehrere Literaturpreise erhielt. In seiner Lyrik geht es oftmals um die Themen „Sehnsucht, um Traum und Stille, um die Zuwendung zum Du, um die Macht und Ohnmacht des Wortes, um Orte, um Farben, um den Wolkenzug und die Freiheit des Geistes und der Seele.“#1 Goll verleiht seinen Gedichten durch „konkrete Bilder, die vor allem aus den nahen Naturräumen, der regionalen Landschaft genommen sind“ eine norddeutsche Atmosphäre. #2 Vor allem das Meer, die Vögel und der Wind kommen in vielen seiner Gedichte zum Vorschein und zeigen deutlich den Bezug zu seiner Heimat. Auch sein eigenes Leben ergründet er in seinen Werken: „Entschieden wählt er das autobiographische Dichten als seine Form der Lebensbewältigung“.#3

Einige seiner Gedichte oder auch die Lyrikbände selbst sind seinen Vorbildern, vor allem PoetInnen, gewidmet. Aber auch ProsaistInnen werden in den zahlreichen Widmungen erwähnt. Besonders mit Mann und Hamsun setzt sich Goll in Reisetagebüchern und Vorträgen auseinander. Trotzdem ist sein eigenes Schreiben nicht von solchen Vorbildern abhängig: Es ist „von Anfang an selbständig, richtet sich nach keiner literarischen Mode, macht keine Verbeugung vor dem Geschmack des Publikums.“#4

Klaus Rainer Goll zeichnet sich jedoch nicht nur durch sein künstlerisches Talent aus, er engagiert sich auch seit vielen Jahren mit Leidenschaft für die Organisation und Vermittlung von Literatur. 1980 gründete er den Lübecker Autorenkreis und seine Freunde e.V., dessen erster Vorsitzender er seitdem ist. Vom Lübecker Autorenkreis ist

viel Literatur auf den Weg gebracht worden, sei es durch die Anthologien ‚treffpunkt‘ (1-3), beim weit über Schleswig-Holsteins Grenzen hinaus bekannt gewordenen Literarischen Frühschoppen oder bei den Internationalen Lübecker Literaturwochen, zu denen immer wieder vor und nach dem Mauerfall Autoren und Autorinnen aus Ost-Deutschland, aus Polen, Tschechien, der Slowakei, der Schweiz und anderen europäischen Ländern eingeladen wurden.

 

Klaus Rainer Goll: Kennen lernen – aufeinander zugehen. In: Grenzfälle. Texte aus Brandenburg und Schleswig-Holstein. Hrsg. Von Klaus Rainer Goll, Klaus Körner, Till Sailer. Verlag für Berlin-Brandenburg Berlin 2017.

So wie ihm in seinem Schreiben durch etliche Widmungen der Bezug zu Vorbildern wichtig ist, sucht Goll regional und lokal „ebenso den Kontakt zur Poetenrepublik“ #5, aber auch zu Zusammentreffen mit SchriftstellerInnen auf internationaler Ebene. „Zahlreiche Übersetzungen in sieben Sprachen – Dänisch, Englisch, Griechisch, Litauisch, Norwegisch, Polnisch und Tschechisch – sind Ausdruck solcher Begegnungen.“ #6 Im Buddenbrookhaus legte er im Jahr 2000 und 2005 im Rahmen der „Internationalen Lübecker Literaturwochen“ das Fundament für die „literarische Partnerschaft mit den beiden polnischen Schriftstellerverbänden“.#7 Wie wichtig ihm Begegnungen zwischen AutorInnen waren, zeigt darüber hinaus seine zusammen mit Klaus Körner und Till Sailer herausgegebene Anthologie Grenzfälle, welche eine Zusammenarbeit des Lübecker Autorenkreises und des Brandenburger Verbands deutscher Schriftsteller darstellt. Sie enthält Lyrik und Prosa von 39 AutorInnen aus Ost- und Westdeutschland. Für seinen langjährigen Einsatz für die Begegnungen von AutorInnen aus West und Ost erhielt der Lübecker Autor 2010 das Bundesverdienstkreuz. Die Possehl-Stiftung zeichnete Goll 2008 für sein Engagement im Kulturbereich in Lübeck aus. So ist es nicht verwunderlich, wenn Hanno Kabel in den Lübecker Nachrichten schreibt, dass Goll „so etwas wie der Familienvorstand der Lübecker Literaturszene” ist.#8

04.11.2021 Sara Franzese

ANMERKUNGEN

1 Bernd M. Kraske: Nachwort. In: Klaus Rainer Goll. Denn alles sind spuren. Gedichte. Elfenbein Verlag Berlin 2016.

2 Christian v. Zimmermann: Grasnarbe – Vogeltraum – Flugbahn: Ein Nachwort zu den Gedichten von Klaus Rainer Goll. In: Klaus Rainer Goll. Zeit vergeht. Gedichte und Reiseskizzen. Elfenbein Verlag Berlin 2005.

3 Christian v. Zimmermann: Nachwort. In: Klaus Rainer Goll: Dies kurze Leben. Elfenbein Verlag Heidelberg 1997.

4 Bernd M. Kraske, Ansprache […] aus Anlaß der Verleihung des Kulturpreises der Stiftung Herzogtum Lauenburg an den Schrifsteller Klaus Rainer Goll, am 29. Oktober 1985 im Collegium Augustinum in Mölln. Ungedrucktes Typoskript.

5 Christian v. Zimmermann: Grasnarbe – Vogeltraum – Flugbahn: Ein Nachwort zu den Gedichten von Klaus Rainer Goll. In: Klaus Rainer Goll. Zeit vergeht. Gedichte und Reiseskizzen. Elfenbein Verlag Berlin 2005.

6 Ebd.

7 Hans Wißkirchen: Nachwort. In: Klaus Rainer Goll: Windstunden. 2009. (erstmals: 1973)

8 Hanno Kabel, Lübecker Nachrichten, 9. September 2005.