Thomas Jonigk

Jonigk, Thomas.

Geboren 4. März 1966 in Eckernförde

Vielseitig und viel gefragt

Er schreibt Theaterstücke, Romane, Opernlibretti, Drehbücher und Hörspiele und ist zudem als Regisseur und Dramaturg erfolgreich: Thomas Jonigk, der zur Spielzeit 2021/22 die Chefdramaturgie am Schauspiel Köln übernommen hat. Jonigk sagt von sich selbst, dass er ganz bewusst auf so vielen Feldern künstlerischer Produktion unterwegs ist und keineswegs die Absicht hat, sich festzulegen: „Diese Vielstimmigkeit scheint doch etwas zu sein, das mit mir zu tun hat. Am Beginn dachte ich immer, ich müsse mich entscheiden. Aber ich glaube, die Autorenschaft in verschiedenen Formaten und das Regieführen in Theater und Oper wird mich weiter begleiten.“#1

Thomas Jonigk wurde als Arbeiterkind am 4. März 1966 in Eckernförde geboren. Er studierte von 1985 bis 1991 Mediävistik, Neuere deutsche Literatur und Theaterwissenschaft in Berlin, um anschließend freier Schriftsteller zu werden. 1994 wurde sein erstes Stück Von blutroten Sonnen, die am Himmelszelt sinken uraufgeführt. Zahlreiche weitere Arbeiten für das Theater folgten: Bisher mehr als 20 Stücke, deren Uraufführungen an Häusern wie dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, der Schaubühne und dem Deutschen Theater in Berlin oder dem Schauspielhaus Zürich stattfanden. Ab 1996 arbeitete Jonigk auch als Regisseur und Dramaturg, u.a. in Berlin, Bonn, Dortmund und Lyon. Von 1997 bis 1999 war er Chefdramaturg in Wien, danach wieder Theaterregisseur in Zürich, Luzern, Berlin und Wien u.a.. Von 2006 bis 2011 arbeitete Jonigk als Dramaturg und fester Autor am Düsseldorfer Schauspielhaus. Im Winter 2010/11 war er Dozent am Schweizer Literaturinstitut Biel und von 2010 bis 2013 Autor und Dramaturg am Schauspielhaus Zürich; anschließend folgte eine Tätigkeit als freier Autor in München.#2 Seit der Spielzeit 2021/22 ist Jonigk Chefdramaturg am Schauspielhaus Köln.

1999 wurde Jonigk mit Jupiter zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb nach Klagenfurt eingeladen, einem provokanten Roman über sexuelle Gewalt unter Homosexuellen. „Die souveräne Handhabung literarischer Techniken, die emotionale Bandbreite, die entfaltet wird, und der streckenweise geradezu skandalös heitere Ton lassen die vielen Nuancen der Gewalt“ laut Klappentext „nur noch deutlicher hervortreten.“#3 Jonigk über das Buch: „Es geht ja um Täter und Opfer und um die Überlegung: Was sind Täter und Opfer? Und ich glaube, daß das ein Thema ist, daß durch die Medien gerade im Zusammenhang mit sexueller Gewalt so überstrapaziert und so banalisiert ist, daß ich glaube, daß ich durch eine realistischere im Sinne von gemäßigterer Wiedergabe eigentlich nur in ein Klischee hineingeraten wäre, dem ich gerade versucht habe zu entkommen. Und zwar indem ich eine gewisse Bedingungslosigkeit voraussetze, die sagt: Ganz so heiter und ganz so sozialdramatisch/dramaturgisch aufgelöst, wie es mir immer präsentiert wird, ist das Thema nicht zu behandeln.“#4 Und weiter: „[I]ch glaube, ich mußte so ins Extrem gehen.“#5 2006 erschien der surreal-apokalyptische Roman Vierzig Tage, 2013 Melodram und 2016 Liebesgeschichte. Im Jahr 2020 veröffentlichte Jonigk Weiter., eine „tragische wie absurde Liebesgeschichte“, an deren Ende „das vage Gefühl von Hoffnung“ steht.#6

Thomas Jonigk ist für sein Werk mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Preis der Frankfurter Autorenstiftung (1993) und dem Stücke-Förderpreis des Goethe-Instituts (1995). Im selben Jahr wurde er als Nachwuchsdramatiker des Jahres von der Zeitschrift Theater Heute gewürdigt. 2001 hat Jonigk das Stipendium der Villa Aurora in Los Angeles erhalten.

Der Autor unterhält eine eigene Homepage, die u.a. seine Essays bereitstellt.

20.09.2022 Kai U. Jürgens

ANMERKUNGEN

1 NN: Interview mit Thomas Jonigk. Kleine Zeitung vom 9.2.2018, online unter https://www.kleinezeitung.at/kultur/festspiele/5369122/Interview_Thomas-Jonigk-debuetiert-in-Wien-als-Opernregisseur

2 Vgl. zur Biografie Julia Vaje: Jonigk, Thomas. In: Deutsches Literatur-Lexikon – Das 20. Jahrhundert, Bd. 23, hg. v. Lutz Hagestedt, Berlin/Boston 2014, Sp. 602ff.

3 Thomas Jonigk: Jupiter. Salzburg und Wien 1999, Klappentext.

4 Dina Netz: Jupiter. In: Deutschlandfunk vom 25. Februar 2002. Zit. n. https://www.deutschlandfunk.de/jupiter-104.html.

5 Ebd.

6 Martin Becker: Apokalyptische Schicksalsgemeinschaft. Thomas Jonigk: „Weiter.“ In: Deutschlandfunk vom 27. Februar 2020. Zit. n. https://www.deutschlandfunk.de/thomas-jonigk-weiter-apokalyptische-schicksalsgemeinschaft-100.html.