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Vortrag Christian Begemann

über Theodor Storms Schubladen

Schubladen dienen der Aufbewahrung von Dingen und der Stiftung von Ordnung, auch wenn in ihnen häufig das Chaos regiert. Meist befinden sie sich an Orten, wo man sie übersieht. Obwohl Schubladen in vielen literarischen Texten eine entscheidende Rolle spielen, blieben sie in der Literatur- und Kulturgeschichte meist unbemerkt. Höchste Zeit also, einen Blick hineinzuwerfen.

Vor allem die Literatur des 19. Jahrhunderts und der frühen Moderne entfaltet eine regelrechte Poetik der Schublade, deren Inhalt etwa der Charakterisierung von literarischen Figuren dient. Aber in und aus ihnen entspringen auch Handlungen, wenn etwa Dinge, Aufzeichnungen oder Briefe zutage treten, die das Leben der Figuren einschneidend verändern. Mitunter werden ganze Geschichten aus Schubladen hervorgesponnen: Katastrophen, kleine und große, Liebesdesaster und Ehekrisen. Schubladen sind Räume des Gedächtnisses, damit aber auch Räume des Unbewussten. Neben längst vergessenem Plunder finden sich dort auch Objekte, in denen Erinnerung gespeichert ist, und die, oftmals gespenstisch und zerstörend, die Vergangenheit wiederkehren lassen. Dass hier Kräfte am Werk sind, die ungerufen auftreten und sich nicht steuern lassen, macht die spezielle Magie der Schublade aus. Schaut man genauer in sie hinein, werden Fragen eines kulturellen Imaginären aufgeworfen, das Risse im modernen Bewusstsein markiert.

Christian Begemann stellt im Storm-Haus seine 2023 erschienene Kleine Poetik der Schublade vor, die sich diesen Fragen in der Literatur zwischen Goethe und Musil widmet. Dabei wird Theodor Storms Schubladen besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Christian Begemann studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie. Von 2000 bis 2008 hatte er einen Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Bayreuth inne, von 2008 bis 2020 an der LMU München. Seine Arbeitsschwerpunkte sind deutsche Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, Körpergeschichte, Kulturanthropologie und Semiotik, Theorien der ästhetischen Produktivität von der frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, Vampirismus und literarische Gespenster. Er hat Bücher und Aufsätze verfasst zu Goethe, Kleist, Tieck, Arnim, E.T.A. Hoffmann, Eichendorff, Droste-Hülshoff, Mörike, Richard Wagner, Gottfried Keller, Stifter, Storm, Meyer, Fontane, Robert Müller und Peter Greenaway.

  • Storm-Haus, 19.30 Uhr
  • Eintritt: 10 / 5 Euro

Reservierungen per Telefon oder Mail

Donnerstag, 16.05.2024

Beginn: 19:30

Veranstaltungsort

Storm-Haus Husum

Wasserreihe 31
25813  Husum
Deutschland

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